Musik – Beruf und Berufung

Schon als junger Bursche musizierte Lorenz nicht nur gerne selber, sondern tat auch alles, um anderen beim Musik machen zuzuhören: "Den Grundstein legten zwei Theater, eines in Frutigen, das andere in Reichenbach, wo es hiess, es handorgele dann auch einer", erzählte Lorenz später gerne. Am Freitagabend durften die Schulkinder für 50 Rappen an die Hauptprobe dieser Theateraufführungen, und dafür nahm Lorenz auch die fünfeinhalb Kilometer Fussmarsch nach Reichenbach gerne auf sich: "Auf dem Hinweg war man gespannt auf diese Handorgel und der Heimweg wiederum ging ring, weil man sie ja nun gehört und noch ein wenig in den Ohren hatte", erinnerte er sich.
Zusammen mit Walter Isler/ Klarinette, Hans Schmid/ Handorgel und Johann Grossen/ Bass, hob Lorenz Giovanelli dann 1932 die Kapelle “Alpengruss” Frutigen aus der Taufe, deren Bezeichnung fortan in einem Zug mit seinem persönlichen Namen genannt werden sollte. An der Seite von Alfred Kölliker kamen 1934 als Handorgelduett die ersten Tonaufnahmen zustande. Bis zum Ende seines Lebens sollte er schließlich die erstaunliche Anzahl von annähernd 500 Tänzen auf Schallplatten aufnehmen. Hatte er bis dahin sein Können einzig auf der diatonischen Handharmonika unter Beweis gestellt, so folgte er als Zwanzigjähriger dem Rat des Handorgelfabrikanten Ernst Salvisberg und lernte zusätzlich, abermals aus dem Stegreif, Akkordeon spielen.Und das sollte eine gute Entscheidung sein: Als der zweite Weltkrieg- und damit auch die wirtschaftliche Krise- begann, wurde es für Lorenz zunehmend schwieriger, sich und seiner Familie im angestammten Beruf ein Einkommen zu sichern. Deshalb entschied er sich 1941, mit der Musik auch seinen Lebensunterhalt zu verdienen und wurde Berufsmusiker.
So musizierte er in den folgenden Jahren mit stets wechselnden Mitspielern vorwiegend in Bern, Zürich und Luzern.
Daneben begleitete er als Musikant oft auch Jodlerinnen und Jodler (u.a. Jakob Ummel, Vreny Schmidlin) und Trachtengruppen.
Nach dieser Zeit der lebhaften musikalischen Tätigkeit fand er nach dem Krieg wieder zurück in seinen bürgerlichen Beruf als Müller, dem er nun über eine längere Zeitspanne hinweg im Appenzellerland nachging.
Später arbeitete er als Chauffeur unter anderem in Thun und Spiez.
Lorenz Giovanellis Kapelle "Alpengruss Frutigen" war nie eine Spielgemeinschaft von längerer Dauer. Vielmehr formierte sie sich fortwährend neu, was genau in Lorenz' Sinn war: "Mir hat es Spass gemacht, heute mit diesem, morgen mit jenem und übermorgen noch einmal mit einem anderen zu spielen. Das macht das ganze interessant, jeder hat seine Eigenart, auf die man sich wieder konzentrieren muss. Ja nicht jahrelang mit den gleichen spielen! Das gibt eine Routine, die so perfekt wird, dass das Musikhören aufs Mal gar nicht mehr schön ist", sagte er in einer Ansprache zu seinem 60. Geburtstag mit Überzeugung.
Zu seinen Mispielern gehörten unter anderen Emil Zwyer, Sepp Gehrig, Toni Amrein, Hubert Camenzind, Matthias Iten, Edy Keiser, Edi Steiner, Werner Büschlen, Fritz Bircher, Fritz Schranz, Fritz Tschannen, Ernst Feuz, Ernst Kröpfli und Ruedi Allenbach.
Für Schallplattenaufnahmen zog Lorenz Giovanelli jeweils nur erstklassige Kräfte zu, namentlich die beiden Bläser Kaspar Muther und Seppi Vogel. Aber auch Jost Ribary, Max Cerutti, Sebastian Kaufmann oder die Akkordeonisten Paul Zimmermann und Arthur Brügger liehen ihm häufig ihre Unterstützung und hatten beträchtlichen Anteil an seinen Erfolgen.
Lorenz Giovanelli war ein begnadeter Stegreifspieler; er konnte weder Noten lesen noch Noten schreiben. Lange Jahre antwortete er auf die Frage nach Noten zu seinen Stücken: "Kaufen Sie sich eine Schallplatte und lernen Sie ab Schallplatte." Mit den Jahren liess er viele Stücke schliesslich doch niederschreiben und so ist ein Teil seiner etwa 170 eigenen Tänze in den Verlagen Hans Niederdorfer, Ernedy, Stucki und Grossmann erschienen.
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